Lagerungsschäden bei Operationen: Rechtliche Perspektiven und Haftungsansprüche
Lagerungsschäden zählen zu den weniger beachteten, aber gravierenden Risiken bei operativen Eingriffen. Diese Schäden entstehen durch fehlerhafte oder unzureichende Lagerung des Patienten während der Operation und können zu ernsthaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Aus rechtlicher Sicht sind Lagerungsschäden oft Gegenstand von Arzthaftungsprozessen, bei denen es um die Verletzung der Sorgfaltspflicht geht.
Lagerungsschäden bei Operationen: Rechtliche Perspektiven und Haftungsansprüche
Lagerungsschäden entstehen, wenn der Körper des Patienten während der Operation nicht korrekt positioniert wird oder keine ausreichenden Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Zu den häufigsten Lagerungsschäden gehören:
- Nervenläsionen: Bei einer falschen Lagerung können Nerven eingeklemmt oder überdehnt werden. Ein häufiges Beispiel ist die Schädigung des N. ulnaris am Ellenbogen, die zu Taubheitsgefühlen und Kraftverlust in der Hand führen kann. Auch der N. peroneus am Bein ist gefährdet, wenn die Beine nicht richtig gepolstert werden.
- Druckgeschwüre (Dekubitus): Diese entstehen durch anhaltenden Druck auf bestimmte Körperstellen, wie etwa Fersen, Steißbein oder Schulterblätter. Besonders gefährdet sind Patienten mit eingeschränkter Mobilität oder bereits bestehenden Durchblutungsstörungen.
- Kompartmentsyndrom: Eine übermäßige Druckbelastung in bestimmten Körperbereichen kann zu einem Kompartmentsyndrom führen, bei dem das Muskelgewebe aufgrund mangelnder Durchblutung geschädigt wird. Dies tritt häufig auf, wenn Gliedmaßen in unnatürlicher Position fixiert werden.
- Atem- und Kreislaufprobleme: Eine ungünstige Lagerung, etwa in Bauch- oder Seitenlage, kann die Atmung oder den Blutfluss beeinträchtigen. Besonders bei längeren Operationen kann dies schwerwiegende Komplikationen verursachen.
Rechtliche Bewertung: Arzthaftungsansprüche bei Lagerungsschäden
Im Arzthaftungsrecht geht es bei Lagerungsschäden um die Frage, ob die behandelnden Ärzte und das Pflegepersonal ihre Sorgfaltspflicht verletzt haben. Laut § 630a BGB sind Ärzte verpflichtet, den Patienten nach den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft zu behandeln. Dies schließt auch die ordnungsgemäße Lagerung des Patienten während einer Operation ein.
Ein klassisches Beispiel aus der Praxis: Ein Patient wird während einer Knieoperation in Rückenlage positioniert. Da das Operationsteam vergisst, die Ferse angemessen zu polstern, entwickelt der Patient nach der Operation ein schweres Druckgeschwür an der Ferse. Dieses führt zu einer langwierigen Wundheilung und erfordert weitere medizinische Eingriffe. In einem solchen Fall könnte der Patient aufgrund der unzureichenden Lagerung einen Schadensersatzanspruch geltend machen.
Ein weiteres Beispiel betrifft einen Patienten, der nach einer Hüftoperation eine Lähmung im Bein entwickelt. Die Ursache ist eine Nervenläsion des N. peroneus, die durch eine unzureichende Polsterung des Beins während des Eingriffs entstanden ist. Auch hier liegt ein potentieller Haftungsanspruch vor, sofern nachgewiesen werden kann, dass die Nervenverletzung durch die fehlerhafte Lagerung verursacht wurde.
Beweislast und Haftungsansprüche
Im Fall von Lagerungsschäden kommt häufig die Beweislastumkehr zum Tragen. Nach § 630h BGB muss der Arzt nachweisen, dass kein Behandlungsfehler vorliegt, wenn es um grobe Pflichtverletzungen geht. Dies bedeutet, dass der Patient in vielen Fällen nicht beweisen muss, dass ein Fehler gemacht wurde – es reicht, dass ein Schaden aufgetreten ist, der durch die Lagerung verursacht wurde.
Ein relevanter Fall in der Rechtsprechung, der die Problematik von Lagerungsschäden während einer Operation veranschaulicht, ist das Urteil des Oberlandesgerichts Köln (Hinweisbeschluss vom 25.02.2013, Az. 27 U 140/88). In diesem Fall ging es um eine besonders lange Operation, bei der der Kopf des Patienten auf einem Gelkissen gelagert war. Obwohl letztlich keine Haftung des Klinikträgers festgestellt wurde, betonte das Gericht erneut, dass Lagerungsschäden grundsätzlich als „vollbeherrschbares Risiko“ gelten. Das bedeutet, dass das Krankenhaus die ordnungsgemäße Lagerung und Überwachung während der Operation beweisen muss. Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden, tritt eine Beweislastumkehr zugunsten des Patienten ein.
In einem anderen Fall, der vor dem Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 26.02.1985, Az. VI ZR 124/83) verhandelt wurde, wurde ebenfalls eine Haftung des Krankenhausträgers bejaht, weil ein Lagerungsschaden während der Operation nicht ausgeschlossen werden konnte und die Klinik die ordnungsgemäße Lagerung nicht ausreichend nachgewiesen hatte.
Diese Entscheidungen verdeutlichen, wie entscheidend die Dokumentation und der Nachweis der korrekten Lagerung für die Haftungsverteilung bei Lagerungsschäden sind. Der Fall des Oberlandesgerichts Hamm (OLG Hamm, GesR 2011, 475) bestätigt zudem, dass Krankenhäuser verpflichtet sind, umfassende Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen und diese nachvollziehbar zu dokumentieren, um einer Haftung zu entgehen.
Fazit
Lagerungsschäden sind nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein rechtliches Problem, das zu erheblichen Haftungsansprüchen führen kann. Ärzte und das Operationsteam müssen sicherstellen, dass der Patient korrekt gelagert wird, um solche Schäden zu vermeiden. Patienten, die nach einer Operation unter Lagerungsschäden leiden, sollten ihre Rechte kennen und gegebenenfalls rechtliche Schritte in Erwägung ziehen. In solchen Fällen ist es ratsam, frühzeitig einen spezialisierten Anwalt für Medizinrecht hinzuzuziehen, um Ansprüche auf Schadensersatz erfolgreich durchzusetzen.